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# taz.de -- dvdesk: Pracht ohne Protz
> Das Historienspektakel "Jodhaa Akbar" beschenkt den Zuschauer immerzu:
> mit dem Gerechten, dem Schönen, dem Guten.
Bild: Ashutosh Gowariker erhielt 2001 auf dem Internationalen Filmvestival in L…
Pracht ist kein schmutziges Wort für Ashutosh Gowariker in seinem
Historienfilm "Jodhaa Akbar". Verschwenderisch ist vielmehr die Schönheit
seiner DarstellerInnen, seiner Paläste und Kostüme und Raumarrangements,
mal treibend und mal schwelgerisch die auf sinfonische
Orchestermusiktradition zurückgreifende Musik des seit letzten Sonntag
Oscar-dekorierten A. R. Rahman. Grandios sind die Kampf- und die
Bewegungschoreografien, elegant gleitet die Kamera durch die Rituale und
Ordnungen und Tänze einer vergangenen Zeit, die Gowariker mit gezieltem
Blick auf die Gegenwart heraufbeschwört.
Die ganze Pracht aber wird niemals zu Protz, Prunk und Selbstzweck, weil
die Schönheit der Menschen, Bilder, Einstellungen, Farben und Objekte des
Films stets im Dienst eines Humanismus steht, der die Schauwerte unter das
Gesetz eines menschlichen Maßes und einer mal sanft, mal bestimmt
vorgetragenen Toleranzbotschaft stellt. Und so ist "Jodhaa Akbar" zwar ein
Kostüm- und Historienfilm, der im 16. Jahrhundert spielt; und, ja, er
erzählt die Liebesgeschichte, von der der Titel, die Namen der Liebenden
reihend, kündet. Die Pointe der Geschichte aber ist gesellschaftspolitisch,
wie schon in den beiden vorangegangenen Meisterwerken des Regisseurs, dem
Oscar-nominierten Cricket-Epos "Lagaan" (2001) und dem Mahnruf ans
ländliche Gegenwartsindien, "Swades" (2004).
Akbar (Hrithik Roshan) ist, zwar historisch verbürgt, aber von Gowariker
gezielt umerfunden, ein gerechter Mogul, der nach der Herrschaft über ganz
Indien strebt. Zu diesem Zweck geht er, der muslimische Herrscher, eine Ehe
mit Jodhaa (Aishwarya Rai) ein, der Tochter eines Hindu-Fürsten. Jodhaa
jedoch, die eigensinnig ist und außerdem eine brillante Schwertkämpferin,
besteht darauf, im Innern ihrer Gemächer einen kleinen Tempel zu Ehren des
Gottes Krishna zu errichten. Die Bitte wird ihr gewährt, es ist der erste
Schritt Akbars zu ihrem Herzen. Es wirft, auf dem weiteren Weg dahin,
Jodhaa - und mit ihr die Kamera - einen unzweifelhaft begehrenden Blick auf
den nackten Oberkörper des Moguls. Und es kommt, wie es kommen muss: zum
spielerisch-entschlossenen Fechtkampf der Liebenden, Vorspiel zum und
grandiose Stellvertretung von Sex.
Das Eigentümliche und bei genauer Betrachtung Großartige an "Jodhaa Akbar"
ist der Mangel an dem, was man gern den epischen Atem nennt. Bei aller
Pracht ist der Film nämlich ausgesprochen entspannt. Er lässt Konflikte
entstehen und wieder vergehen. Nicht nur der Herrscher ist, von wenigen
Wutanfällen abgesehen, sehr sanft, der Film ist es auch. Bei aller Liebe zu
Schönheit und Schauwert: Nichts davon kostet Gowariker über Gebühr aus. Die
so spielerisch wie häufig eingesetzte Wischblende ist das Stilmittel, das
zu der Behendigkeit passt, mit der "Jodhaa Akbar" vom großen Tableau ins
Intimste springt und wieder zurück, mit der der Film Liebe und Krieg, Kampf
und Gesang, Blicke und abgeschlagene Häupter aufeinanderfolgen lässt, ohne
erzählerisch allzu strikte Zusammenhänge zu stiften.
Im Kleinen und Großen setzt Gowariker auf relaxtes Spektakel. Mit
dreieinhalb Stunden ist der Film auch für Bollywood-Verhältnisse lang. Er
nutzt die Zeit immer auch fürs Luftholen, fürs Einatmen und fürs Ausatmen
zwischen den Bildern, er lässt dem Betrachter Spiel und Zwischenraum. Für
die Massenchoreografien haben sich der Regisseur und seine Choreografen den
Draufblick der Kamera und manches mehr von Busby Berkeley abgeschaut. Auch
dabei aber geht es nicht ums überwältigungsästhetische Spektakel. Lässig
bleibt die Inszenierung bei aller Pracht. Die Wischblende fungiert als
souveräne Geste: Das war es, anderswo geht es weiter. Der Film ist reich an
Schönheiten, so reich, dass er sie gar nicht ausstellen muss. Er ist
stattdessen generös, er beschenkt den Zuschauer immerzu: mit dem Gerechten,
dem Schönen, dem Guten. Und weil er einen zu nichts nötigt, nimmt man ihm
das alles auch ab.
So großzügig wie der Film selbst ist auch seine DVD-Version von rapid eye
movies. Auf drei DVDs verteilt sind der Film und viele Extras, darunter
auch ein Interview mit Regisseur Ashutosh Gowariker. Für rund 20 € im
Handel.
25 Feb 2009
## AUTOREN
Ekkehard Knörer
## TAGS
DVD
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