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# taz.de -- Stasi-Spitzel Kurras: Aktenfund wirft neue Fragen auf
> Nachdem bekannt wurde, dass der Todesschütze von Benno Ohnesorg
> SED-Mitglied und Stasispitzel war, wird eine Neuauflage des Verfahrens
> gefordert.
Bild: Der SED-Mitgliedsausweis des Polizeibeamten Karl Heinz Kurras.
Das Ermittlungsverfahren um den Tod von Benno Ohnesorg soll neu aufgerollt
werden. Die Vereinigung Opfer des Stalinismus (VOS) hat bei der Berliner
Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Mordes gegen den früheren
Westberliner Polizisten Karl-Heinz Kurras gestellt. Auch der ehemalige Chef
des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), Tilman Fichter,
fordert von der Generalbundesanwaltschaft, das Verfahren erneut
aufzunehmen.
Nach neuesten Erkenntnissen der Stasi-Unterlagenbehörde war der heute
81-Jährige Kurras seit den 50er Jahren Inoffizieller Mitarbeiter der
DDR-Staatsssicherheit und später auch Mitglied der SED. In zwei Prozessen
wurde er vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Kurras hatte
am 2. Juni 1967 am Rande einer Demonstration Ohnesorg aus nächster Nähe
erschossen.
Aufgrund der Faktenlage sei Mord zwar schwer nachzuweisen und die Anzeige
eher symbolisch, sagte VOS-Vizevorsitzender Carl-Wolfgang Holzapfel der
taz. "Aber wir erhoffen uns, dass die Aufarbeitung der Verstrickungen
Westberlins mit der Stasi einen neuen Schub bekommt." Es sei sehr wohl
bekannt gewesen, dass innerhalb der Polizei in Westberlin die Stasi tätig
war.
Aber auch 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer gebe es große Defizite
in der Aufarbeitung. "Die bisherige Debatte um die DDR als Unrechtsstaat
lenkt ab von der Frage, welche Verbindungen es zwischen Westberlin und der
Stasi gab - so wie man ausblendete, welche Nachkriegspolitiker mit dem
Naziregime kollaborierten", so Holzapfel.
Sowohl der VOS als auch CDU und die Grüne fordern eine zügige Aufklärung
des Falles Kurras. Der Senat müsse die Personalakte des pensionierten
Polizisten schnellstmöglich auf Verstrickungen in das Netzwerk der SED und
Stasi überprüfen und einen Bericht vorlegen, so die CDU. Jochen Staadt vom
Forschungsverbund SED-Staat an der FU Berlin hingegen bezweifelt, "ob man
bei der Akte eines einfachen Polizisten viel finden wird". Interessanter
sei eher die Frage, wieviele Senatdienststellen Kontakte zur Stasi hatten.
Für den Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe,
zeigen die Enthüllungen, dass "schlichte Erklärungen nicht mehr
funktionieren und Feindbilder durcheinander kommen." Bei dem Versuch der
Aufarbeitung stößt man nach Ansicht Knabes im Westen aber nach wie vor auf
große Blockaden - sowohl in den Parteien, den Gewerkschaften als auch in
den linken Bewegungen. So sei es auch heute ein Tabuthema, dass die
DDR-Staatssicherheit in der außerparlamentarischen Opposition mit vielen
Agenten verankert gewesen sei.
Der Hamburger Politikprofessor Gerd Langguth hält einen Stasi-Zusammenhang
auch im Fall Rudi Dutschke für möglich. Die Birthler-Behörde müsse das
Attentat auf den Studentenführer neu beleuchten.
22 May 2009
## AUTOREN
Grit Weirauch
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Kommentar: Mehr nachdenken statt feiern
Gibt es 20 Jahre nach dem Mauerfall eine Berliner Erzählung von Teilung und
Zusammenwachsen oder immer noch zwei? Die SED-Mitgliedschaft von Karl-Heinz
Kurras wäre ein guter Anlass über das Stasi-Problem in West-Berlin
nachzudenken.
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