# taz.de -- Schlichtung nach Urteil in der Nacht: Alle Flugzeuge können fliegen | |
> Nachdem zwei Gerichte den Streik für Rechtens erachten, lenken die | |
> Arbeitgeber ein und rufen die Schlichtung an. Damit gilt Friedenspflicht, | |
> der Streik der Fluglotsen ist abgeblasen. | |
Bild: Kann am Dienstag abheben: Flugzeug in Düsseldorf. | |
FRANKFURT dpa | Der für Dienstag geplante Fluglotsenstreik in Deutschland | |
ist kurz nach Mitternacht doch noch abgeblasen worden. Die Deutsche | |
Flugsicherung (DFS) hat den Schlichter angerufen, nachdem die | |
Arbeitsgerichte in zwei Instanzen den Streikaufruf der Gewerkschaft der | |
Flugsicherung (GdF) für rechtmäßig erachtet hatten. | |
Mit der Schlichtung beginnt sofort eine neue Friedenspflicht, die einen | |
möglichen Streik um mehrere Wochen verschiebt. Als Schlichter steht bereits | |
der von den Arbeitgebern benannte Münchner Arbeitsrechtler Volker Rieble | |
fest. Der Arbeitskampf wurde abgesagt. | |
Dem Ruf nach dem Schlichter war ein nahezu beispielloses Juristen-Hick-Hack | |
vorausgegangen, bei dem gleich zwei Mal die Arbeitsgerichte in Frankfurt | |
bemüht wurden. Hatte am Mittwoch vergangener Woche noch das Arbeitsgericht | |
den Streik untersagt und die Gewerkschaft daraufhin den Arbeitskampf | |
abgeblasen, stellte sich am Montag die Lage ganz anders da. | |
Die GdF-Leute hatten einige strittige Punkte einfach fallen gelassen. Und | |
für die von den Lotsen verlangten und besonders umstrittenen | |
Qualifikationsanforderungen für bestimmte Führungskräfte erklärte sich die | |
Arbeitsrichterin Renate Binding-Thiemann schlicht für unzuständig. Eine | |
solch komplexe Materie könne nicht im vorläufigen Verfahren geklärt werden. | |
Sie lehnte es ab, eine einstweilige Verfügung gegen den Streik zu erlassen. | |
Die DFS wollte genau diese Fragen auch aus der Schlichtung heraushalten. | |
In der Berufung vor dem hessischen Landesarbeitsgericht am späten Abend | |
ging es dem erfahrenen Richter Rainer Bram kaum besser: Die Flugsicherung | |
folgte seinem Vorschlag zunächst nicht, ohne Urteil die Schlichtung | |
anzurufen. Nach dem Urteil, dass der Streik rechtmäßig ist, unterschrieb | |
DFS-Personalchef Jens Bergmann noch im Gerichtssaal die | |
Schlichtungsanrufung. | |
Die GdF sagte daraufhin keine sechs Stunden vor dem geplanten Streikbeginn | |
den Arbeitskampf ab. Ein Termin für die Schlichtung steht noch nicht fest. | |
Die GdF hatte die Beschäftigten für den Dienstagmorgen zu einem | |
sechsstündigen Streik aufgerufen, mit dem nahezu der gesamte deutsche | |
Flugverkehr lahmgelegt werden sollte. Es hätte laut DFS keine Starts, keine | |
Landungen und auch keine Überflüge geben können. Nach einer Schätzung des | |
Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) waren rund 3.000 | |
deutsche und internationale Flüge von dem Ausstand bedroht. | |
Neben 6,5 Prozent mehr Gehalt verlangt die kleine Gewerkschaft mehr | |
Einfluss auf Stellenbesetzungen und Arbeitsbedingungen der mehr als 5.000 | |
Tarifbeschäftigten bei der Flugsicherung. Rund 1.900 von ihnen sind | |
Fluglotsen. | |
Die Streikdrohung hatte am Montag wie in der vergangenen Woche Airlines und | |
Flughäfen alarmiert. Die Lufthansa oder Air Berlin sowie Reiseveranstalter | |
wie Tui versuchten, möglichst viele Ankünfte und Abflüge aus der | |
angekündigten Streikzeit zwischen 6.00 und 12.00 Uhr heraus zu verlegen. | |
Nach Angaben des Flughafenverbands ADV genehmigten die Länder zusätzliche | |
Nachtflüge. Die Passagiere wurden aufgefordert, sich bei Airlines und | |
Reiseveranstaltern über mögliche Flugverlegungen zu erkundigen. | |
Während der Verhandlung hatte GdF-Verhandlungsführer Dirk Vogelsang die | |
Flugsicherung beschuldigt, mit falschen Karten zu spielen. Die DFS habe den | |
Fluggesellschaften bereits vorab zugesagt, in die Schlichtung zu gehen, | |
falls man vor Gericht scheitere, sagte der Rechtsanwalt. Dies wiesen | |
Vertreter des bundeseigenen Unternehmens scharf zurück. | |
9 Aug 2011 | |
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