24:1    Isaak und Rebekka: 24,1-67

Abraham war alt und hochbetagt; der Herr hatte ihn mit allem
gesegnet.

24:2    Eines Tages sagte er zum Grossknecht seines Hauses, der seinen ganzen
Besitz verwaltete: Leg deine Hand unter meine Huefte!
[Die Hand unter die Huefte legen: eine Schwurgebaerde (vgl. 47,29).]

24:3    Ich will dir einen Eid beim Herrn, dem Gott des Himmels und der
Erde, abnehmen, dass du meinem Sohn keine Frau von den Toechtern der
Kanaaniter nimmst, unter denen ich wohne.

24:4    Du sollst vielmehr in meine Heimat zu meiner Verwandtschaft reisen
und eine Frau fuer meinen Sohn Isaak holen.

24:5    Der Knecht entgegnete ihm: Vielleicht will aber die Frau mir gar
nicht hierher in dieses Land folgen. Soll ich dann deinen Sohn in
das Land zurueckbringen, aus dem du ausgewandert bist?
[12,1.4]

24:6    Huete dich, antwortete ihm Abraham, meinen Sohn dorthin
zurueckzubringen!

24:7    Der Herr, der Gott des Himmels, der mich weggeholt hat aus dem Haus
meines Vaters und aus meinem Heimatland, der zu mir gesagt und mir
geschworen hat: Deinen Nachkommen gebe ich dieses Land!, er wird
seinen Engel vor dir hersenden, und so wirst du von dort eine Frau
fuer meinen Sohn mitbringen.
[13,14-17; 15,17-21]

24:8    Wenn dir aber die Frau nicht folgen will, dann bist du von dem Eid,
den du mir geleistet hast, entbunden. Meinen Sohn darfst du auf
keinen Fall dorthin zurueckbringen.

24:9    Da legte der Knecht seine Hand unter die Huefte seines Herrn Abraham
und leistete ihm in dieser Sache den Eid.

24:10   Der Knecht nahm zehn von den Kamelen seines Herrn und machte sich
mit allerlei kostbaren Sachen aus dem Besitz seines Herrn auf die
Reise. Er brach auf und zog nach Mesopotamien in die Stadt Nahors.

24:11   Vor der Stadt liess er die Kamele am Brunnen lagern. Es war gegen
Abend, um die Zeit, da die Frauen herauskommen, um Wasser zu
schoepfen.

24:12   Er sagte: Herr, Gott meines Herrn Abraham, lass mich heute Glueck
haben, und zeig meinem Herrn Abraham deine Huld!

24:13   Da stehe ich an der Quelle, und die Toechter der Stadtbewohner werden
herauskommen, um Wasser zu schoepfen.

24:14   Das Maedchen, zu dem ich dann sage: Reich mir doch deinen Krug zum
Trinken!, und das antwortet: Trink nur, auch deine Kamele will ich
traenken!, sie soll es sein, die du fuer deinen Knecht Isaak bestimmt
hast. Daran will ich erkennen, dass du meinem Herrn Huld erweist.

24:15   Kaum hatte er aufgehoert zu sprechen, da kam auch schon aus der Stadt
Rebekka mit dem Krug auf der Schulter. Sie war dem Betuel geboren
worden, dem Sohn der Milka, die die Frau Nahors, des Bruders
Abrahams, war.
[11,27-32]

24:16   Das Maedchen war sehr schoen, und sie war ledig; noch kein Mann hatte
sie erkannt. Sie stieg zur Quelle hinab, fuellte ihren Krug und kam
wieder herauf.

24:17   Da ging der Knecht schnell auf sie zu und sagte: Lass mich ein wenig
Wasser aus deinem Krug trinken!

24:18   Trink nur, mein Herr!, antwortete sie, liess geschwind den Krug auf
ihre Hand herab und gab ihm zu trinken.

24:19   Nachdem sie ihm zu trinken gegeben hatte, sagte sie: Auch fuer deine
Kamele will ich schoepfen, bis sie sich satt getrunken haben.

24:20   Flink leerte sie ihren Krug an der Traenke und lief noch einmal an
den Brunnen zum Schoepfen. So schoepfte sie fuer alle Kamele.

24:21   Der Knecht Abrahams schaute ihr schweigend zu; er wollte sehen, ob
der Herr seine Reise gelingen liesse oder nicht.

24:22   Als die Kamele mit dem Trinken fertig waren, nahm der Mann einen
goldenen Nasenreif, einen halben Schekel schwer, und zwei goldene
Spangen fuer ihre Arme, zehn Goldschekel schwer,

24:23   und fragte: Wessen Tochter bist du? Sag mir doch, ob im Haus deines
Vaters fuer uns Platz zum Uebernachten ist!

24:24   Sie antwortete ihm: Ich bin die Tochter Betuels, des Sohnes der
Milka und des Nahor.

24:25   Weiter sagte sie zu ihm: Stroh und Futter haben wir reichlich, auch
Platz zum Uebernachten.

24:26   Da verneigte sich der Mann, warf sich vor dem Herrn nieder

24:27   und sagte: Gepriesen sei der Herr, der Gott meines Herrn Abraham,
der es meinem Herrn nicht an Huld und Treue fehlen liess. Der Herr
hat mich geradewegs zum Haus des Bruders meines Herrn gefuehrt.

24:28   Das Maedchen lief weg und erzaehlte im Haus seiner Mutter alles, was
vorgefallen war.

24:29   Rebekka hatte einen Bruder namens Laban. Laban eilte zu dem Mann
hinaus an die Quelle.

24:30   Er hatte den Nasenreif und an den Haenden seiner Schwester die
Spangen gesehen und hatte gehoert, wie seine Schwester Rebekka
berichtete: So und so hat der Mann zu mir gesagt. Er kam zu dem
Mann, der bei den Kamelen an der Quelle stand.

24:31   Laban sagte: Komm, du Gesegneter des Herrn! Warum stehst du hier
draussen? Ich habe das Haus aufgeraeumt und fuer die Kamele Platz
gemacht.

24:32   Da ging der Mann mit ins Haus. Man schirrte die Kamele ab und gab
ihnen Stroh und Futter. Fuer ihn und die Maenner in seiner Begleitung
brachte man Wasser zum Fuessewaschen.

24:33   Als man ihm zu essen vorsetzte, sagte der Knecht Abrahams: Ich esse
nicht, bevor ich nicht mein Anliegen vorgebracht habe. Sie
antworteten: Rede!

24:34   Da berichtete er: Ein Knecht Abrahams bin ich.

24:35   Der Herr hat meinen Herrn reichlich gesegnet, so dass er zu grossem
Vermoegen gekommen ist. Er hat ihm Schafe und Rinder, Silber und
Gold, Knechte und Maegde, Kamele und Esel gegeben.

24:36   Sara, die Frau meines Herrn, hat meinem Herrn noch in ihrem Alter
einen Sohn geboren. Ihm vermacht er alles, was ihm gehoert.

24:37   Mein Herr hat mir den Eid abgenommen: Du darfst fuer meinen Sohn
keine Frau von den Toechtern der Kanaaniter nehmen, in deren Land ich
wohne.

24:38   Reise vielmehr zum Haus meines Vaters und zu meiner Verwandtschaft,
und hol eine Frau fuer meinen Sohn!

24:39   Ich entgegnete meinem Herrn: Vielleicht will aber die Frau nicht
mitkommen.

24:40   Darauf antwortete er mir: Der Herr, vor dem ich meinen Weg gegangen
bin, wird dir seinen Engel mitschicken und deine Reise gelingen
lassen. Du wirst schon eine Frau fuer meinen Sohn mitbringen aus
meiner Verwandtschaft, aus dem Haus meines Vaters.

24:41   Von dem Eid, den du mir geleistet hast, sollst du dann entbunden
sein, wenn du zu meinen Verwandten kommst und sie dir keine Frau
geben. In diesem Fall bist du von dem Eid, den du mir geleistet
hast, entbunden.

24:42   So kam ich heute an die Quelle und sagte: Herr, Gott meines Herrn
Abraham, lass doch die Reise gelingen, auf der ich mich befinde.

24:43   Da stehe ich nun an der Quelle. Kommt ein Maedchen aus der Stadt
heraus, um Wasser zu schoepfen, dann will ich sagen: Gib mir doch aus
deinem Krug ein wenig Wasser zu trinken!

24:44   Sagt sie zu mir: Trink nur! Auch fuer deine Kamele will ich
schoepfen!, so soll es die Frau sein, die der Herr fuer den Sohn
meines Herrn bestimmt hat.

24:45   Kaum hatte ich so zu mir gesagt, kam auch schon Rebekka mit dem Krug
auf der Schulter heraus, stieg zur Quelle hinunter und schoepfte. Ich
redete sie an: Gib mir doch zu trinken!

24:46   Da setzte sie geschwind ihren Krug ab und sagte: Trink nur! Auch
deine Kamele will ich traenken. Ich trank, und sie gab auch den
Kamelen zu trinken.

24:47   Als ich sie fragte: Wessen Tochter bist du?, antwortete sie: Die
Tochter Betuels, des Sohnes Nahors, den ihm Milka gebar. Da legte
ich ihr den Reif an die Nase und die Spangen um die Arme.

24:48   Ich verneigte mich, warf mich vor dem Herrn nieder und pries den
Herrn, den Gott meines Herrn Abraham, der mich geradewegs hierher
gefuehrt hat, um die Tochter des Bruders meines Herrn fuer dessen Sohn
zu holen.

24:49   Jetzt aber sagt mir, ob ihr geneigt seid, meinem Herrn Wohlwollen
und Vertrauen zu schenken. Wenn nicht, so gebt mir ebenfalls
Bescheid, damit ich mich dann anderswohin wende.

24:50   Daraufhin antworteten Laban und Betuel: Die Sache ist vom Herrn
ausgegangen. Wir koennen dir weder ja noch nein sagen.

24:51   Da, Rebekka steht vor dir. Nimm sie und geh! Sie soll die Frau des
Sohnes deines Herrn werden, wie der Herr es gefuegt hat.

24:52   Als der Knecht Abrahams ihre Antwort hoerte, warf er sich vor dem
Herrn zur Erde nieder.

24:53   Dann holte der Knecht silbernen und goldenen Schmuck und Kleider
hervor und schenkte sie Rebekka. Auch ihrem Bruder und ihrer Mutter
ueberreichte er kostbare Geschenke.

24:54   Er und die Maenner seiner Begleitung assen und tranken und gingen dann
schlafen. Als sie am Morgen aufstanden, sagte der Knecht: Entlasst
mich jetzt zu meinem Herrn!

24:55   Der Bruder Rebekkas und ihre Mutter antworteten: Das Maedchen soll
noch eine Zeitlang bei uns bleiben, etwa zehn Tage, dann mag sie
sich auf die Reise begeben.

24:56   Haltet mich nicht auf, antwortete er ihnen, der Herr hat meine Reise
gelingen lassen. Lasst mich also zu meinem Herrn zurueckkehren!

24:57   Sie entgegneten: Wir wollen das Maedchen rufen und es selbst fragen.

24:58   Sie riefen Rebekka und fragten sie: Willst du mit diesem Mann
reisen? Ja, antwortete sie.

24:59   Da liessen sie ihre Schwester Rebekka und ihre Amme mit dem Knecht
Abrahams und seinen Leuten ziehen.

24:60   Sie segneten Rebekka und sagten zu ihr: Du, unsere Schwester, werde
Mutter von tausendmal Zehntausend! Deine Nachkommen sollen besetzen
das Tor ihrer Feinde.
22,17

24:61   Rebekka brach mit ihren Maegden auf. Sie bestiegen die Kamele und
folgten dem Mann. Der Knecht nahm Rebekka mit und trat die Rueckreise
an.

24:62   Isaak war in die Gegend des Brunnens von Lahai-Roi gekommen und
hatte sich im Negeb niedergelassen.
[Zu diesem Brunnen vgl. 16,13f; 25,11.]

24:63   Eines Tages ging Isaak gegen Abend hinaus, um sich auf dem Feld zu
beschaeftigen. Als er aufblickte, sah er: Kamele kamen daher.

24:64   Auch Rebekka blickte auf und sah Isaak. Sie liess sich vom Kamel
herunter

24:65   und fragte den Knecht: Wer ist der Mann dort, der uns auf dem Feld
entgegenkommt? Der Knecht erwiderte: Das ist mein Herr. Da nahm sie
den Schleier und verhuellte sich.

24:66   Der Knecht erzaehlte Isaak alles, was er ausgerichtet hatte.

24:67   Isaak fuehrte Rebekka in das Zelt seiner Mutter Sara. Er nahm sie zu
sich, und sie wurde seine Frau. Isaak gewann sie lieb und troestete
sich so ueber den Verlust seiner Mutter.