(SZ) Manchmal ist das jetzt schon der erste Gedanke am Morgen: Die
  Regierung muss weg! Schröder muss weg, sagt man also zur lieben
  Gemahlin - und köpft das Frühstücksei. Schröder weg, alle weg. Danach
  hat man erst mal ein gutes Gefühl, ein Putingefühl, ein Glücksgefühl.
  Doch lange hält die Hochstimmung nicht an. Denn eines ist ja leider
  klar: Auf die alte Regierung wird zwangsläufig eine neue Regierung
  folgen, und ein kurzer Blick auf die real existierende Opposition
  genügt, um zu ahnen, dass damit das Elend nicht aufhört. Außerdem
  macht man sich bald schon Sorgen um die am Frühstückstisch Gefeuerten.
  Gewiss, der Kanzler würde schon ein Plätzchen finden, wo ihm das
  Bierchen schmeckt. Schily und Stolpe wiederum gäben prachtvolle
  Ruheständler ab. Aber um einige aus der Regierung wäre es doch schade,
  einige würde man wahrhaftig vermissen. Die nette, frische, forsche
  Frau Künast zum Beispiel, was würde denn aus der? Eine bedrückende
  Frage - auf die es jetzt allerdings eine beglückende Antwort gibt.

  Seit Aschermittwochabend, exakt um 20 Uhr 51, ist klar, wo Künasts
  außerpolitische Zukunft liegt: in der Schauspielkunst. Da nämlich trat
  die Ministerin in der extrem gemütvollen ZDF-Familienserie "Die
  schnelle Gerdi und die Hauptstadt" auf - sie eilte von rechts in die
  Szene, gab der Taxifahrerin Gerdi (Senta Berger) ein Autogramm, warb
  kurz und kraftvoll für das Dreiliterauto und verschwand nach links,
  mit einem Satz von klassikerhaftem Zuschnitt: "Ich muss noch weiter!"
  Genau 62 Sekunden dauerte der Auftritt - und wir zögern nicht, ihn
  makellos zu nennen. Konzentriertes Understatement, kein Wackler, kein
  Hänger. Kurzum: ein Profi, ja ein Shootingstar! Die Welt von Bühne,
  Film und Fernsehen steht Frau Künast nun offen. Und so dürfte es bei
  vielen unserer politisch versagenden Politiker sein - ihre wahren,
  ihre theatralischen Talente warten nur auf ihre Entdeckung. Um für
  heute bei den guten Grünen zu bleiben: Jeder Landsknecht zwischen
  Shakespeare und Schiller könnte mit dem langen, strammen Trittin
  besetzt werden, jeder Gastwirt bei Lessing oder Goldoni mit dem
  gemütlich schnaufenden Bütikofer. Haben denn nicht der quirlige Herr
  Kuhn und die hochdramatische Frau Roth einstmals unvergesslich am
  Landestheater Memmingen gewirkt? Das Stück hieß "Freiheit in
  Krähwinkel".

  Macht Politiker zu Schauspielern! Oder ist das schon gar nicht mehr
  nötig? Sind wir nicht längst Zuschauer einer unsterblichen Klamotte,
  eines Dschungel- und Rüpelspiels der besonderen Art? Schröder beißt
  Stoiber, Stoiber würgt Merkel, Merkel kneift Schröder - und immer so
  weiter. Ganz Deutschland ein Taxi, Schröder am Steuer, allen wird
  schlecht. Jetzt braucht die Serie nur noch einen Titel, bitte sehr,
  hier ist er: "Der schnelle Gerd und die Hauptstadt".